Traumreise Azoren

 

Die Azoren sind bei uns als Reiseziel ziemlich unbekannt, die meisten Leute kennen sie nur aus dem Wetterbericht: Vom Azorenhoch hat schon so ziemlich jeder schon mal gehört. Wir hier versprechen uns von diesem Azorenhoch immer schönes Wetter, also liegt es doch nahe, das dort, wo dieses Hoch seinen Namen her hat immer schönes Wetter sein müsste. Aber leider ist das nicht so, ganz im Gegenteil,  beständiges Schönwetter wird man auf den Azoren nur selten vorfinden. Wenn der Tag  schön sonnig beginnt, ist es noch  lange nicht sicher, dass es auch so bleibt. Es kann ganz schnell umschlagen und Regen geben. Natürlich auch umgekehrt. Es gibt auf den Azoren den Tipp: „Wenn dir das  Wetter nicht gefällt, dann warte mal eine Stunde, vielleicht ist es  dann anders!“ Es ist oft stürmisch, die Wellen branden nicht selten mit 4 oder 5 Metern Höhe an Land und die Berge auf den Inseln sind oft in Regen gehüllt.

Allerdings ist es das ganze Jahr Frühling, auf den Azoren. Kälter als 15°C wird das  Meerwasser  rund um die  Inseln auch im Winter nicht und  so kühlt sich die Luft auch selten mal unter 15°C ab. Im Sommer dagegen wirkt das Wasser des Meeres als Kühlung, meist liegen die Temperaturen an Land dann bei etwa 25°C, unerträgliche Hitze gibt es genauso wenig, wie frostige Temperaturen im Winter. Deshalb gibt es begünstigt durch die Feuchtigkeit auch eine üppige subtropische Vegetation. Wenn man z.B. durch die Straßen von Madalena auf Pico läuft, hat man den Eindruck, im Gewächshaus eines botanischen Gartens zu sein. Es wachsen Orangen, Bananen,  Ananas und Blumen, die man bei uns eben nur aus dem Gewächshaus kennt. Überall blüht etwas, eigentlich ist die ganze Insel wie ein riesiger botanischer Park.

Und es ist auf Pico auch alles so sauber und gepflegt, wie in einem botanischen Garten, das fällt sofort auf. Wir fanden keine „Dreckecken“, wo manche Leute ihren Müll abladen, wir fanden neben Sitzbänken auch keine Zigarettenkippen, wie das bei uns fast üblich ist.

Die Entstehung der Inseln ist auf verschiedene geologische Vorgänge zurückzuführen, durch  Kontinentalverschiebungen und vulkanische Aktivitäten. Die älteste Insel, Santa Maria ist in einer Zeit entstanden, in der die Bedingungen auf der Erde noch ganz anders waren als heute und auch die Landmassen noch völlig anders verteilt waren: sie ist rund 1200 Millionen Jahre alt und durch Kontinentalverschiebung entstanden. An geologischer Zeitrechnung gemessen ist die jüngste Insel, Pico, dagegen gerade mal erst vor kurzem aus dem Meer aufgetaucht. Sie ist vor rund 300.000 Jahren durch vulkanische Eruptionen entstanden und die ersten Siedler haben sich etwa vor knapp 600 Jahren dort niedergelassen.

Wir haben auf unserer Reise nur die Insel Pico besucht und bei unserer Anreise eine ungeplante Stippvisite auf die Nachbarinsel Faial gemacht. Deshalb kann ich hier nun auch nur über Pico schreiben.

Die Azoren liegen mitten im Atlantik, knapp 2000 km von Portugal entfernt, sie sind portugiesisches Staatsgebiet. Aufgrund  der  Lage mitten im Ozean ist es dort auch oft sehr windig bis stürmisch, auch orkanartige Stürme sind nicht  so selten. Das bekamen wir schon bei der Ankunft zu spüren, denn die Piloten unserer Maschine entschieden sich angesichts von orkanartigen Winden aus nördlichen Richtungen nicht auf dem Flughafen in Pico zu landen, sondern stattdessen lieber auf der Nachbarinsel Faial, wo der  Flughafen auf der Südseite liegt und deshalb bei der herrschenden Windrichtung etwas geschützter war. Das ist offensichtlich auch nicht ungewöhnlich, denn man war am Boden bestens darauf vorbereitet, hat uns mit  Bussen abgeholt und in einem Hotel in Horta verköstigt, bis dann am Spätnachmittag die reguläre Fähre nach Pico ablegte und wir dann mit ein paar Stunden Verspätung ankamen und vom CW-Team empfangen wurden.

Der Hauptgrund für unsere Reise war die Tatsache, dass man speziell im Frühjahr die besten Voraussetzungen zum Beobachten verschiedener Walarten hat. Es gibt viele Anbieter von Walbeobachtungstouren auf den Azoren, uns hat das Angebot von CW-Azores (Cetacean Watching) am besten gefallen, weil CW neben dem reinen Beobachten auch wissenschaftliche Informationen und Präsentationen über die Funktion der Ozeane und der darin lebenden Tiere anbietet. Wir haben direkt über die Webseite von CW gebucht und auch die Flüge selbst gebucht. Es gibt natürlich auch Pauschalreisen, aber die kosten natürlich auch deutlich mehr.

Normalerweise fliegt man mit Zwischenlandung in Lissabon auf die Azoren, das kann dann auch eine Übernachtung in der portugiesischen Hauptstadt notwendig machen. Während der Hauptsaison gibt es vor allem zur Hauptinsel Sao Miguel auch Direktflüge.

Wir entschieden uns für die Reisezeit März, weil da wie gesagt die besten Chancen bestehen, Blauwale und andere Riesen der Meere zu beobachten. CW hat schon auf seiner Ausschreibung darauf hingewiesen, dass das Wetter um diese Zeit oft „gewisse Herausforderungen“ mit sich bringt.

Auch wenn die Reiseangebote von CW z.B. „Reise der Blauwale“ oder „Giganten der Meere“ heißen, muss man sich natürlich im Klaren sein: Es handelt sich um frei lebende, wilde Tiere. Der Atlantik ist kein Aquarium, eine Garantie gibt es natürlich nicht, aber so viel vorweg: Wir haben tolle Beobachtungen machen können und sind an keinem Tag ohne Walsichtungen von der See zurückgekommen.

Das Angebot umfasste 5 fest gebuchte Ausfahrten mit einem Zodiak-Boot. Die Durchführung ist natürlich witterungsabhängig und es gab einige Tage, an denen es vollkommen unmöglich war, in einem kleinen Boot aufs Meer zu fahren. Dafür sind wir dann an manchen Tagen mit besonders schönem Wetter zwei Mal raus gefahren. Dazu gab es dann noch die Präsentationen, Filme und Inselausflüge, die dann die Schlechtwettertage ausfüllten.

Und einen Ausflug zum „Visier“: die wichtigsten Leute im Walfang in früheren Zeiten und heute in der Walbeobachtung. Der Visier sitzt den ganzen Tag in einem Beobachtungsturm und späht mit dem Fernglas aufs Meer, auf der Suche nach dem Blas der Wale. Er gab früher den Walfängern Informationen über den Standort der Wale, heutzutage arbeitet er für Touristen und Wissenschaftler. Der Blas der Wale gibt ihm auch Aufschluss darüber, um welche Walart es sich handelt.

Auch wir versuchten uns mit dem Blick durchs Fernglas, konnten aber nichts entdecken und den Blas der Wale nicht von den Schaumkronen der Wellen unterscheiden. Der Visier lachte darüber nur, „da sind mehrere!“, sagte er. Aber klar, er macht diesen Job auch schon seit 30 Jahren, hauptberuflich.

Bei  unseren Ausfahrten bekamen wir unsere Informationen auch von ihm, an der Südküste von Pico und von seinem Kollegen an der Nordküste von Faial. Vor den Ausfahrten holten die  Mitarbeiter von CW die Infos ein und entschieden dann, wohin die Fahrt geht und ob wir überhaupt raus fahren. Wenn der Visier nichts sehen konnte, war ziemlich klar, dass es keinen Sinn macht, es wäre dann eine Fahrt ins Ungewisse gewesen. Und wenn wir dann draußen etwas ratlos umherfuhren und nichts sahen, dann kam es schon mal vor, dass der Visier herzhaft ins Funkgerät lachte „dann dreht euch doch einfach mal um, die Wale sind direkt hinter euch!“

Bei unserer Ankunft auf Pico war es wie gesagt sehr stürmisch und auch am ersten Tag fegten Orkanböen über das Meer, 4 Meter hohe Wellen rauschten an die Küste. Eine Ausfahrt war unmöglich, dafür  gab es die erste Präsentation  über die Walarten und eine Landfahrt entlang der Südküste. Die Präsentationen wurden für die deutschsprachigen Teilnehmer und die englischsprachigen getrennt gehalten. Der nächste Tag brachte dann „nur“ noch 3 Meter hohe Wellen, CW-Mitarbeiter Arne, der uns durch das Programm leitetet entschied, wir fahren raus. Spätestens nach einer Stunde fanden es viele Mitreisende zum  Kotzen, im wahrsten Sinne!

Gesehen haben wir auf der ersten Fahrt Delfine und eine Karettschildkröte und danach bekamen einige ohnehin nicht mehr viel mit. Die Seefesten unternahmen dann am Nachmittag eine zweite Ausfahrt und bekamen einen Finnwal zu sehen. Auf der Rückfahrt musste dann eines der beiden Boote wegen Motorschaden (oder Benzinmangel???) abgeschleppt werden.

Die folgenden Tage brachten viel Regen und Sturm, Ausfahrten waren unmöglich, Präsentationen, Filme und einen Besuch im Walfangmuseum in Lajes gab es als Ersatz und die Wettervorhersage machte Hoffnung: Spätestens ab Freitag soll es für einige Tage richtig toll und praktisch ohne Wind werden! Doch auf den Azoren weiß man nie…

Gewohnt haben wir in Madalena im Rainbow Guesthouse. Eine gemütliche kleine Pension in einem subtropischen Garten mit 4 separaten Zwei- und Dreibettzimmern mit eigenem Bad +WC und einem gemeinsamen Aufenthaltsraum, im dem man sich gemütlich in einen Sessel setzen kann und selbst kochen kann. Das Frühstück wird morgens gebracht und ist im Preis inclusive. Wlan gibt es auch, damit man auch nichts von zu Hause verpasst… (Leider handelten dadurch die Gespräche an den ersten Tagen mehr von den Wahlen, als von den Walen…)

Mit den Mitbewohnern hatten wir Glück, da waren Ruth und Graham aus England, Meike aus Österreich und später kam dann noch Vivien aus der Schweiz dazu. Mit allen kamen wir sehr freundschaftlich klar. Meike und wir fragten uns beim Gespräch mit den Engländern oft, für was wir eigentlich in der Schule mal englisch gelernt haben, aber die beiden lachten darüber und versicherten, dass die Portugiesen hier viel besseres Englisch sprechen, als sie. Zumindest Graham hatte aber auch einen sehr gediegenen Dialekt, der für Nichtbriten doch sehr schwer zu verstehen war. Aber es hat dann doch immer irgendwie funktioniert. Nach der Abreise von Meike und den Engländern kamen dann neue Leute aus Schweden und aus Holland, also eine internationale Gruppe, mit der wir viel Spaß hatten.

Es kam das schöne Wochenende und es hielt, was die Wettervorhersage versprach, zeitweise war das Meer glatt wie ein Baggersee, Regen gab es keinen – endlich war es mal da, das viel gelobte Azorenhoch!

Wir nutzten die Tage mit zwei täglichen Ausfahrten und bekamen Finnwale, Pottwale, verschiedene Delfinarten, Schildkröten und anderes zu sehen und es kamen auch tolle Fotos dabei heraus. Besonders hervorheben möchte ich noch die letzte Ausfahrt, bei dem es Arne noch mal richtig wissen wollte. Er war unsere Betreuer während der Tour und konnte uns mit sehr viel wissenschaftlich fundiertem Hintergrundwissen einiges über die Wale und die Ozeane näher bringen und er begleitete uns auch auf den Ausfahrten. Nur Blauwale, von denen er uns so viel erzählt hat, die bekamen wir bis dahin noch nicht zu sehen. Das wollte Arne nun ändern und nachdem wir schon einige Finnwale sahen und Delfine in großen Gruppen unser Boot begleiteten, sagte er: „Wir fahren jetzt in ein Gebiet außerhalb des Bereiches, den der Visier sehen kann, vielleicht haben wir dort Glück. Von nichts kommt nichts!“ Wir fuhren an diesem Tag 80 Seemeilen (rund 140km) mit dem Zodiak übers Meer, wir sahen Finnwale, Delfine, Karettschildkröten, portugiesische Galleren (Quallen), aber der Blauwal, der zeigte sich uns nicht. Wie  gesagt, die Tiere kommen halt nicht auf Bestellung, das ist eben wildlife.

Bei der Rückkehr verriet uns Arne, dass die Tankuhr schon seit 15 Meilen leer anzeigt…

Man kann jedenfalls nicht sagen, dass er nicht alles versucht hätte.

Für die  meisten der Gruppe kam nun der Tag der Abreise, wir beide bleiben aber noch 4 Tage und erkundeten per Mietwagen die Insel.

Noch ein paar Worte zum CW-Team. Den ersten Kontakt hat man bei der Buchung aus Deutschland mit Louzia und wenn man sie dann dort persönlich kennen lernt, sieht man, dass sie genau so freundlich und fröhlich ist, wie in ihren Emails. Um alles, was vor Ort Buchungen, Organisation, Mietwagen, Unterkunft Abrechnungen etc. betrifft, kümmert sich absolut zuverlässig Patricia, die wissenschaftlichen Präsentationen wurden von Enrico (auf englisch) und Arne (auf deutsch) gehalten und Arne war es auch, der sich auf den Ausfahrten um alle kümmerte, wenn er keine Zeit hatte oder einfach auch mal frei haben wollte, dann war Louzia dabei. Und man hatte immer das Gefühl, das alles passt, dass alles in Ordnung ist. Einfach klasse!

Wenn wir abends nach den Ausfahrten zu unserer Pension gegangen sind, kamen wir am Caffe 5 vorbei. Hier sind wir oft essen gegangen. Es ist zwar „nur“ ein kleines Caffe, eigentlich ein Einfraubetrieb, die junge Besitzerin macht alles selbst. Und man kann bei ihr auch ganz toll essen, richtig gut gekocht, nicht aus der Packung. Und zu tollen Preisen. Wenn wir zu zweit essen gingen, bezahlten wir für das Menü + Getränke + ein Eis zum Nachtisch + ein Espresso für 2 Personen zusammen etwa 26,- Euro! Und wenn man mal einen Wunsch hatte, der nicht auf der Karte stand, dann kochte sie auch eine Extra-Wurst – ohne Extra-Preis, versteht sich. Einfach auch ein schmucker kleiner Ort, wo man sich einfach wohl fühlt.

Überhaupt, die Preise: Mal irgendwo einen Kaffee und eine Cola trinken, zusammen 2 Euro.

 

Nachdem dann das offizielle gebuchte Zehntages-Programm beendet war, nahmen wir uns noch einen Mietwagen für 4 Tage (37,-EUR pro Tag!). Und es gab vieles zu entdecken, auf Pico. Nicht nur der Pico, von dem die Insel ihren Namen hat, er ist mit 2351 Metern der höchste Berg Portugals, ein Vulkan. Die letzte Eruption war 1720, doch erloschen ist er nicht, er schläft nur.

Gleich am Fuße des Berges liegen die Lagoas, die Kraterseen. In diesem Gebiet kann man auch schöne Wanderungen unternehmen. Überhaupt kann man auf der ganzen Insel wandern, auf den kleinen Seitenstraßen begegnet einem kaum mal ein Auto, allenfalls Kühe.

Die kleinen Ortschaften entlang der Küste sind alle sehenswert. An einem Tag kann man mit dem Auto bequem die Insel umrunden und sich dabei viel Zeit lassen für Spaziergänge, Besichtigungen und Museen. Hier sind besonders hervorzuheben die beiden Walfangmuseen in Lajes und Sao Roque, sowie das kleine Walmuseum in Madalena. Hier gibt es auch ein Weinmuseum. In Sao Roque hat man eine ganze Fabrikhalle als Museum restauriert. Hier wurde früher Walfleisch verarbeitet. Der letzte Wal wurde 1987 erlegt.

Man muss zum Walfang aber auch sagen, dass dies für die Leute hier wichtiger Lebensunterhalt war. Sie töteten nicht aus „Waidmannslust“ und Spaß an der Jagd. Die Waljagd war aber auch ein gesellschaftliches Ereignis.

An diesen letzten Tagen machten wir auch noch mal eine Fahrt durch „alle Wetter“ der Azoren: strahlende Sonne, dicker Nebel, Sturm, heftiger Regen, nur eines war immer gleich: die Temperatur, sie lag an der Küste immer bei 15°C, im Gebirge etwas niedriger.

Sehr empfehlenswert für Leute ohne Höhlenangst: die Gruta das torres bei Madalena. Hier kann man an Führungen in eine Lavahöhle teilnehmen, sehr eindrucksvoll!

 

Dann waren auch diese 4 Tage zu Ende und wir konnten mit vielen tollen Erinnerungen die Heimreise antreten, mit Übernachtung in Lissabon.

 

Unser Fazit: eine tolle Reise, bei der alles gepasst hat